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Azubi mit Schwerbehinderung: Rechtliche Regelungen und finanzielle Chancen

Manche Unternehmen schrecken davor zurück, einen Azubi mit Schwerbehinderung einzustellen. Immerhin gehen mit diesem Schritt einige Vorkehrungen einher.

Hat der Azubi einen Schwerbehindertenausweis, muss der Arbeitgeber schließlich eine Reihe von rechtlichen Regelungen beachten. Das erfordert neben viel Zeit, sich mit der dazugehörigen Bürokratie auseinanderzusetzen, auch die Inanspruchnahme einer fundierten Beratung. Möglicherweise stellt sich dann sogar heraus, dass im Unternehmen Umbaumaßnahmen getätigt werden müssen, um den Ausbuildungsplatz behinderungsgerecht zu gestalten.

Dabei kann es sich insbesondere für Unternehmen mit 20 Mitarbeitern in vielerlei Hinsicht absolut lohnen, auch Azubis mit Schwerbehinderung einzustellen. Aber auch andere Betriebe, bei denen nach der Bewerbungsphase zumeist freie Ausbildungsplätze offenbleiben, können mit dem Schritt, sich auch für schwerbehinderte Azubis zu öffnen, für ein breiteres Bewerberfeld sorgen. Ohnehin sollte ein jedes Unternehmen in der heutigen Zeit darauf vorbereitet sein, dass eine Initiativbewerbung von einem Schwerbehinderten eingeht. Schließlich sollte darauf angemessen reagiert werden.

In diesem Beitrag möchte ich mich intensiver mit den rechtlichen Regelungen und auch den finanziellen Chancen auseinandersetzen, die damit einhergehen, einen Azubi mit Schwerbehinderung einzustellen. Klar ist jedenfalls, dass ein Unternehmen, dass diesen Schritt wagt, einen Mitarbeiter erhält, der die eigenen Stärken und Schwächen zumeist besser einschätzen kann als ein junger Mensch ohne Einschränkung.

Azubi mit Schwerbehinderung: Diese Pflichten muss ein Betrieb erfüllen

Wer sich für den Azubi mit Schwerbehinderung entscheidet, für den gelten mehrere im Rahmen des Berufsbildungsgesetzes definierte Pflichten. Beispielsweise muss ein Unternehmen laut § 14 Absatz 2 BBiB darauf achten, dass dem schwerbehinderten Azubi ausschließlich solche Aufgaben übertragen werden, die seinen körperlichen Kräften angemessen sind.

Es gilt außerdem ein besonderer Kündigungsschutz für Azubis mit Schwerbehinderung. Ohnehin ist es schwer, einen Azubi nach Ende der Probezeit zu kündigen. Einen Azubi mit Schwerbehinderung nach Ablauf der Probezeit zu entlassen, erfordert allerdings die Zustimmung des dazugehörigen Integrationsamts. Umso wichtiger ist es, dass Betriebe die Probezeit in der Ausbildung ausgesprochen ernst nehmen. Damit das Integrationsamt der Kündigung dann zustimmt, darf der Kündigungsgrund übrigens nichts mit der Behinderung zu tun haben.

Last, but not least, muss der Ausbildungsbetrieb allen Azubis mit Schwerbehindertenausweis, die einen Behinderungsgrad von 50 oder mehr haben, Zusatzurlaub gewähren. Bei einer Vollzeitausbildung handelt es sich dabei üblicherweise um fünf Tage Sonderurlaub pro Ausbildungsjahr. Alternativ erfolgt die Berechnung des Zusatzurlaubs anteilig. Schließlich kann ein schwerbehinderter Azubi beispielsweise wegen der Schwere seiner Behinderung Teilzeitausbildung beantragen.

Weitere wichtige Pflichten im Umgang mit einem Azubi mit Schwerbehinderung

Neben diesen wichtigen Pflichten, die im Umgang mit schwerbehinderten Azubis höchste Priorität genießen, gibt es noch einige weitere Pflichten, die zu beachten sind. So muss der Betrieb sich gerade bei minderjährigen Schwerbehinderten umso strikter an das Jugendarbeitsschutzgesetz halten.

Die Vorschriften dort schieben Mehrarbeit, Überstunden, Schichtarbeit oder zusätzlichen Einsätzen an den Wochenenden ohnehin einen Riegel vor. Ist der Mitarbeiter aber schwerbehindert und nicht mehr minderjährig, muss das Unternehmen ihn auch dann von Bereitschaftsdiensten oder Mehrarbeit freistellen, wenn der Azubi einen entsprechenden Antrag darauf stellt.

Allerdings unterliegt auch dieser Antrag einigen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen. So muss er rechtzeitig genug vorliegen, damit das Unternehmen sich entsprechend darauf einstellen kann, umdisponieren zu müssen.

Das ist aber übrigens mitnichten ein Freibrief für einen Azubi mit Schwerbehindertenausweis. Der Betrieb darf auch von diesem Mitarbeiter sehr wohl Überstunden einfordern, die dieser keineswegs pauschal ablehnen darf. Arbeitet der Azubi beispielsweise sechs Stunden täglich, sind laut Angabe der KOFA (Fachkräftesicherung für kleine und mittlere Unternehmen) bis zu zwei Überstunden zumutbar.

Azubi mit Schwerbehinderung - Ausbilden lohnt sich
© Coloures-pic, Fotolia.de

Einen Azubi mit Schwerbehinderung einstellen: Das sind die finanziellen Chancen

Ein Unternehmen, dass schwerbehinderte Azubis einstellt, hat die Möglichkeit, verschiedene Fördertöpfe auszuschöpfen. Diese stehen hierfür bei den unterschiedlichsten Trägern zur Verfügung. Ansprechpartner sind hierbei die Agentur für Arbeit, Rehabilitationsträger sowie das Integrationsamt.

Im Folgenden habe ich einen kleinen Überblick für Sie zusammengestellt, welche Arten von Förderungen, Zuschüssen oder Darlehen bei den einzelnen Trägern erteilt werden.

Bundesagentur für Arbeit

Die Bundesagentur für Arbeit gewährt in einem extra für die Einstellung von Azubis mit Schwerbehinderung eingerichteten Fördertopf Beihilfen zur Ausbildungsvergütung. In anderen Worten übernimmt sie also einen Teil des Gehalts des Azubis in Form eines Zuschusses.

Ist darüber hinaus wegen der Behinderung eine behinderungsgerechte Ausstattung der Ausbildungsstätte erforderlich, kann die Bundesagentur für Arbeit auch diese finanziellen Ausgaben bezuschussen. Fallen sehr große Kosten an, aber das Unternehmen zieht auch selbst einen immensen Nutzen aus dieser Ausstattung und steigert damit seine Attraktivität, so ist ein Zuschuss auch in Form eines Darlehens möglich.

Integrationsamt

Auch das Integrationsamt beteiligt sich an solchen behinderungsgerechten Ausstattungen und sollte im Vorfeld unbedingt gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit ins Boot geholt werden.

Ohnehin ist das Integrationsamt schließlich ein wichtiger Ansprechpartner, wenn es darum geht, den eigenen Ausbildungsbetrieb für Azubis mit Schwerbehinderung zu öffnen. Einerseits finden hier Beratungen statt und andererseits stellt das Integrationsamt Darlehen und Zuschüsse für die Einrichtung neuer Ausbildungsplätze bereit.

Ferner erstattet das Integrationsamt dem Betrieb mehrere Gebühren, die bei einem schwerbehinderten Azubi entstehen können. Das bezieht sich insbesondere auf Prüfungsgebühren. Es gibt außerdem Zuschüsse bei Kosten für die berufliche Ausbildung, die auch Prämien beinhalten.

Rehabilitationsträger

Rehabilitationsträger greifen zwar nirgendwo, wo Bundesagentur für Arbeit und Integrationsamt nicht schon unterstützen würden. Bei einigen Anliegen kann ein Unternehmen hier aber von zusätzlichen Geldern profitieren und bereitstehende Fördertöpfe ausschöpfen.

Das betrifft in erster Linie die Beihilfe zur Ausbildungsvergütung sowie Zuschüsse und Darlehen, um die Ausstattung des Ausbildungsplatzes behinderungsgerecht zu machen.

Azubi mit Schwerbehinderung - Ausildungsplatz schaffen
© Tiberius Gracchus, Fotolia.de

Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitern profitieren bei der Ausgleichsabgabe

Im deutschen Sozialgesetzbuch ist in § 71 Absatz 1 SGB IX verankert, dass jedes Unternehmen in Deutschland, das im Jahresdurchschnitt mindestens 20 festangestellte Mitarbeiter aufweist, einen Beitrag zur Inklusion leisten muss.

Ein Betrieb ist demgemäß dazu verpflichtet, 5% der Arbeit auf schwerbehinderte Mitarbeiter, zu denen auch schwerbehinderte Azubis zählen, zu verteilen. In anderen Worten: Bei 20 Mitarbeitern muss ein Mitarbeiter einen Schwerbehindertenausweis haben.

Ist das nicht der Fall, muss das Unternehmen eine sogenannte Ausgleichsabgabe tätigen.

Wer allerdings die 5%-Regel erfüllt, der spart sich logischerweise die Ausgleichszahlung. Stattdessen eerhält das Unternehmen für seinen Beitrag zur Inklusion einen nicht unerheblichen finanziellen Vorteil.

Die Bundesagentur für Arbeit kann dabei übrigens entscheiden, dass für einen besonders schwerbehinderten Mitarbeiter sogar zwei oder mehr Arbeitsplätze angerechnet werden, die in Hinblick auf die 5%-Regel dann stärker ins Gewicht fallen. Auch das ist ein umso größerer Grund, Azubis mit Schwerbehinderung einzustellen. Bis zum ersten Jahr nach Abschluss der Ausbildung werden dann nämlich gleich zwei Arbeitsplätze angerechnet.

Fazit

Einen Azubi mit Schwerbehinderung einzustellen, ist nicht nur aus ethischer Sicht eine wichtige und wertvolle Angelegenheit, die einen wertvollen Beitrag zum sozialen Miteinander, zur Gleichberechtigung, zur Wertschätzung der Vielfalt des Lebens und zur Inklusion leistet. Einen Azubi mit Schwerbehindertenausweis einzustellen, bietet dem dazugehörigen Unternehmen außerdem vielfältige Arten von finanziellen Vorteilen, auf die ich in diesem Beitrag hingewiesen habe.

Umgekehrt sind zwar auch einige rechtlichen Regelungen zu beachten und Pflichten zu erfüllen. Insgesamt jedoch ist es weitaus weniger bürokratischer Aufwand und Umgewöhnung, als Sie im ersten Moment vielleicht glauben.

Dafür erhalten Sie Mitarbeiter, die für gewöhnlich umso motivierter und engagierter bei der Sache sind. Mitarbeiter, die sich selbst und ihre eigenen Fähigkeiten, aber auch die eigenen Grenzen weitaus realistischer einschätzen können als andere junge Menschen.

Wie sieht es bei Ihrem Betrieb aus? Gibt es Mitarbeiter mit Schwerbehinderung? Oder sogar schwerbehinderte Azubis? Wenn ja: Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht? Wenn nein: Was stand der Einstellung bisher im Weg?

Ich bin gespannt Ihre Erfahrungen zu diesem Thema zu lesen. Ich freue mich, wenn Sie mich dazu auf Facebook anschreiben oder in meiner Community einen Beitrag zu diesem Thema eröffnen.

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