Das vier Kindercharaktere nach Künkel markieren einen wichtigen Punkt in der psychoanalytischen Charakterlehre. Fritz Künkel entwickelte hierbei die Individualpsychologie von Alfred Adler weiter. Das Ergebnis war das im Jahr 1928 erschienene Werk „Einführung in die Charakterkunde“, in dem er im achten Kapitel vier verschiedene Kindercharaktere vorstellt.
Zwar gibt es in der Individualpsychologie seit der Veröffentlichung dieses Werks viele neue Erkenntnisse. Trotzdem haben die Kindercharaktere nach Künkel bis zum heutigen Tag nicht wirklich viel von ihrer Aktualität eingebüßt. Grund genug für Ausbilder, sich diese theoretische Unterscheidung einmal anzuschauen. Immerhin lassen sich durch diese Erkenntnisse sowie die Berücksichtigung der Kindercharaktere nach Künkel Rückschlüsse auf die tägliche Arbeit mit den Azubis ziehen.
Im vorliegenden Blogbeitrag möchten wir daher die vier Kindercharaktere nach Künkel genauer vorstellen und explizit darauf eingehen, wie das Wissen darüber auch Deine persönliche Arbeit als Ausbilder mit Deinen Azubis bereichern kann.
Die 4 Kindercharaktere nach Künkel – Definition & Erklärung
Grundsätzlich lässt sich die Arbeit von Fritz Künkel der psychoanalytischen Charakterlehre zuordnen. Pionierarbeit leistete hierbei Julius Bahnsen in seinem Werk „Beiträge zur Charakterologie“ aus dem Jahr 1867. Heute wird zumeist der Begriff der Persönlichkeitspsychologie anstelle von Charakterlehre gebraucht. Dabei bereicherte Künkel den bis heute andauernden Diskurs bereits im Jahr 1928 mit dem eingangs erwähnten Werk „Einführung in die Charakterkunde“ um die Kindercharaktere. Laut ihm seien vier Faktoren für die Formung eines Charakters verantwortlich:
- Ichhaftigkeit
- Sachlichkeit
- Charakterbild
- Charakteränderung
Die Anlagen sind dabei im Kindheitsalter erkennbar, wobei neben vererbten Charaktereigenschaften auch die Erziehung eine große Rolle spielt. Kindercharaktere sind verschiedene Persönlichkeitstypen, die bei Kindern auftreten können und die sich in ihren Verhaltensweisen, Präferenzen und Bedürfnissen unterscheiden. Fritz Künkel hat die Charakterkunde entwickelt, um den verschiedenen Kindercharakteren gerecht zu werden und sie besser zu verstehen.
Laut Künkel gibt es vier problematische Kindercharaktere. Jeder Charaktertyp hat seine individuellen Stärken und Schwächen und benötigt eine spezifische Herangehensweise und Ansprache. Indem Ausbilder diese Charaktere kennen und verstehen, können sie wirkungsvollere Lern- und Entwicklungsumgebungen schaffen und individuell auf die Bedürfnisse der verschiedenen Kinder eingehen.
Das sind die vier Kindercharaktere nach Künkel
Die Charakterkunde von Fritz Künkel besagt, dass es die vier folgenden Kindercharaktere gibt:
- Star
- Heimchen
- Cäsar
- Tölpel
Schauen wir uns im Folgenden diese einzelnen Typen etwas genauer an.
Kindercharaktere nach Künkel: 1. Typus Star
Mit dem Typus Star bezeichnet Künkel verwöhnte Kinder, die sich durch falsche Erziehung der Eltern für besonders wichtig und beachtenswert halten. Aus dieser Ichhaftigkeit geht die Haltung hervor, einen Anspruch auf die Erfüllung aller Wünsche zu haben, gleichzeitig aber nicht dazu verpflichtet zu sein, sich eigenhändig um die Erreichung dieser Ziele zu bemühen.
Der Typus Star ist folgerichtig anspruchsvoll und fordernd. Bisweilen kann er zudringlich sein, zeigt sich aber – sofern man seine Wünsche entsprechend erfüllt – fröhlich und liebenswürdig. Ein Ausbilder, der sich mit dem Typus Star konfrontiert sieht, muss wissen, dass es nahezu unmöglich ist, einen solchen Azubi durch Einflüsse von außen zum Umdenken zu bringen. Eine Veränderung muss vom Azubi selbst ausgehen. Ein Ausbilder sollte allerdings auch im Hinterkopf behalten, dass der Typus Star besonders viel Lob und Bewunderung braucht, um zu Höchstform aufzulaufen.
Kindercharaktere nach Künkel: 2. Typus Heimchen
Auch dieser Kindercharakter wurde so erzogen, dass er sich für beachtenswert und wichtig hält. Allerdings glänzt der Typus Heimchen durch Zartheit, Schwäche und Hilfsbedürftigkeit. Das Heimchen gibt sich zumeist leidend, was signalisiert, dass man ihm auf keinen Fall weitere Leiden zumuten darf.
Wichtig für den Ausbilder ist das Wissen, dass der Typus Heimchen seine Leiden und Schmerzen nicht etwa vorgaukelt, sondern dass ein solcher Azubi wirklichen Kummer und echtes Elend erlebt. Dennoch sollte ein Ausbilder nicht in die Rolle des Beschützers verfallen, der den vermeintlich Schwächeren aufbaut und tröstet, sondern vielmehr das Heimchen daran zu gewöhnen, was es insgeheim am meisten fürchtet: eigene Leistung und eigene Anstrengung.
Kindercharaktere nach Künkel: 3. Typus Cäsar
Der Typus Cäsar geht zumeist aus einer überharten Erziehung hervor. Sei es durch zu hohe Anforderungen und zu viel Kritik oder auch durch das Fehlen von Fürsorge. In anderen Worten: Ist die Erziehung entweder von einem Zuviel oder Zuwenig geprägt, lernt der Typus Cäsar früh, dass er sich nicht auf die Erwachsenen verlassen kann. Das führt dazu, dass ein solcher Azubi andere Menschen in erster Linie als Mittel zum Zweck betrachtet.
Als berechnender Mensch mit ausgeprägtem Egoismus ist der Typus Cäsar dabei zunächst auch sehr erfolgreich, da er es glänzend versteht, sich in bestehende Ordnungen einzufügen, um sie für seine Machtpolitik zu nutzen. Sobald er aber mit einem zweiten Cäsar zusammenstößt, sind Konflikte praktisch vorprogrammiert. Wichtig für Ausbilder ist, dass auch einem solchen Azubi erst dann geholfen werden kann, wenn er aus der aktiven in die passive Haltung übergeht.
Kindercharaktere nach Künkel: 4. Typus Tölpel
Genau wie der Typus Cäsar hat der Typus Tölpel frühzeitig die Erfahrung gemacht, dass er nicht auf die Hilfe von Erwachsenen zählen kann. Seine frühkindlichen Versuche, sich selbst zu helfen, sind im Gegensatz zum erfolgreichen Cäsar jedoch gescheitert. Dadurch lernt das Kind, dass es auf die Erfüllung seiner Wünsche verzichten muss. Schlimmer noch: Es entsagt dem Wünschen von Grund auf.
Solche Azubis sind auf Rückzug eingestellt, haben wenig, für das sie kämpfen, gehen Problemen aus dem Weg und werden bisweilen als faule und dickfellige Azubis wahrgenommen, von denen alles abzuprallen scheint. Wichtig für Ausbilder ist hierbei das Wissen, dass der Typus Tölpel gegenüber jeglichen Strafen erhaben ist. Er hält durch, bis der Ausbilder seine Mittel erschöpft hat, und bleibt letztlich der Sieger, dem vermeintlich niemand etwas anhaben kann. Umso wichtiger ist es, dass Ausbilder von Anfang an versuchen, den Typus Tölpel zu ermutigen, sodass er seine Verhaltensweisen grundlegend hinterfragt und verändert.
Was die Kenntnis der Kindercharaktere nach Künkel für die Arbeit als Ausbilder bedeutet
Wahrscheinlich ist Dir schon aufgefallen, dass die vier Kindercharaktere nach Künkel als sehr schwierige Charaktere zu bezeichnen sind. Anders als beispielsweise bei den vier Temperamenten nach Hippokrates, von denen gemäß der Theorie eines bei jedem Menschen am ausgeprägtesten ist, muss nicht jeder Azubi zwangsläufig einem der vier vorgestellten Charaktere entsprechen.
Trotzdem dürften Dir mit zunehmender Berufserfahrung all diese vier Typen schon einmal in Deinem Leben begegnet sein. Diese Typen zu kennen und zu wissen, wie Du mit ihnen umzugehen hast, kann dabei ein echter Gamechanger im Ausbilder-Azubi-Verhältnis sein. Erst recht, wenn Du Dich als Ausbilder als Mentor verstehst und Dir auf die Fahne geschrieben hast, jeden Azubi gemäß seiner Potenziale bestmöglich zu fordern und zu fördern. Die charakterliche Förderung von Azubis ist schließlich, was viele Ausbilder nicht wissen, ein wichtiger Bestandteil Deiner Arbeit!
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