Moderne Lernprozessbegleitung ist ein sehr spannender Ansatz, der bisweilen auch für die betriebliche Ausbildung vielversprechend sein könnte. Schließlich ist es schon längst nicht mehr so, dass der Ausbilder stupide alles vormacht und die Azubis dann nach Schema F alles so lange nachmachen und einüben, bis sie es verinnerlicht haben. Stattdessen findet zunehmend ein Paradigmenwechsel statt. Erst recht, weil eine immer schnellere und digitalisiertere Welt immer mehr nach neuen Lösungen schreit.
Ein Ausbilder, der sich daher als Lernprozessbegleiter begreift, lernt wiederum selbst viel von den „Entdeckungen“ seiner Azubis. Auf diese Weise entsteht unweigerlich auch eine offene Fehlerkultur in der Ausbildung, was mit einigen großen Vorteilen einhergeht. Nichtsdestotrotz darf die moderne Lernprozessbegleitung auch nicht zu vorschnell idealisiert werden. Manchmal ist es schließlich unabdingbar, dass der Ausbilder seine Azubis als Vorbild gezielt zur richtigen Lösung hinführt und hierzu wenig Spielraum für alternative Herangehensweisen lässt.
Umso spannender ist es, diesem Thema mal einen eigenständigen Blogbeitrag zu widmen. Hierbei wollen wir darauf schauen, was moderne Lernprozessbegleitung ganz konkret ist, ob der Ausbilder der Zukunft zunehmend in die Rolle eines Lernprozessbegleiters schlüpfen muss, und wie die praktische Umsetzung einer modernen Lernprozessbegleitung in der Ausbildung ganz konkret aussehen könnte.
Moderne Lernprozessbegleitung – Definition, Merkmale und Begriffserklärung
Grundsätzlich kann moderne Lernprozessbegleitung als ein pädagogisches Konzept verstanden werden. Es hat zum Zweck, Lernende während ihres Bildungsprozesses aktiv zu unterstützen. Dabei steht stets die Eigenverantwortung der Lernenden im Fokus. Der Lernprozessbegleiter gibt nicht etwa die Art und Weise des Lernens vor, indem er beispielsweise Lernstrategien in der Erwachsenenbildung anwendet oder bestimmte Wiederholungsstrategien etabliert. Vielmehr begleitet er beobachtend.
Das bedeutet auch, dass moderne Lernprozessbegleitung immer auch auf die individuellen Bedürfnisse des Lernenden Rücksicht nimmt. Es werden aktiv Problemlösungsfähigkeiten gefördert, die den Lernenden zum eigenständigen Arbeiten anleiten und ihm dabei helfen, Verantwortung zu übernehmen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der modernen Lernprozessbegleitung sind Innovationen. Im Wort „modern“ schwingt es schließlich schon mit: Der Lernende kopiert nicht etwa durch das Prinzip der Nachahmung herkömmliche Problemlösungsmethoden, sondern entwickelt eigenständige Ideen, wofür er möglicherweise auch auf Tools und Technologien zurückgreift, die bislang noch nicht zur Problemlösung verwendet wurden. Natürlich muss hierbei ein gewisses Maß an Fehlertoleranz vorhanden sein, da solche Versuche logischerweise auch scheitern können. Nicht selten ergeben sich aber alternative und ebenso funktionierende Herangehensweise, durch die wiederum auch der Lernprozessbegleiter selbst etwas Neues lernt.
Moderne Lernprozessbegleitung und ihre Relevanz für die betriebliche Ausbildung
Aus dem zuletzt beschrieben Punkt geht bereits die enorme Relevanz der modernen Lernprozessbegleitung für die betriebliche Ausbildung hervor: In vielen Unternehmen wird ein Stück weit im eigenen Saft geschmort. Über die Jahre sind alle erdenklichen Probleme schon tausendfach aufgetreten. Es gibt klare Lösungen für diese Probleme und der Azubi bekommt beigebracht, diese Lösungen anzuwenden. Quasi nach Schema F.
Grundsätzlich ist hieran auch nichts Falsches zu finden. Das große Problem ist nur, dass es über kurz oder lang unweigerlich zum Stillstand führt. Stell Dir vor, ein direkter Konkurrent, bzw. Mitbewerber entwickelt auf einmal individuelle Lösungen, die deutlich effizienter, zeitsparender und günstiger sind. Dadurch wird Dein Unternehmen, das immer noch nach der alten Herangehensweise die Probleme löst, unter Garantie abgehängt.
Selbst auf den neuen Lösungsweg umzurüsten, ist zumeist alleine deshalb schon sehr schwierig und langwierig, weil die Mitarbeiter niemals gelernt haben, über das Problem und etwaige Lösungswege nachzudenken, sondern sehr stumpf nur den einzigen existierenden Lösungsweg verinnerlicht haben. Wer hingegen die moderne Lernprozessbegleitung anwendet, der sorgt für echte Auseinandersetzung mit Problemen. Und das sorgt dafür, dass man selbst zum Innovator wird und eher die direkten Konkurrenten abhängt, als selbst abgehängt zu werden.
Moderne Lernprozessbegleitung schafft mehr Flexibilität
Vielleicht würdest Du jetzt argumentieren, dass das alles ja schön und gut sein mag, aber es in Deiner speziellen Branche eben keine Alternativen, sondern nur einen einzigen funktionierenden Lösungsweg setzt. Das ist jedoch trotzdem kein Argument gegen moderne Lernprozessbegleitung. Wer nämlich auf moderne Lernprozessbegleitung setzt, obwohl es vielleicht nur den einen Lösungsweg für ein Problem gibt, der sorgt dafür, dass die Azubis selbst auf diesen Lösungsweg kommen.
Es ist außerdem der stete Blick für mögliche Alternativen, der für Innovationen sorgt. Vielleicht gab es vor einigen Jahren noch keinen zweiten Lösungsweg. Es existierte zwar ein vielversprechender Ansatz, allerdings scheiterte dieser an Kleinigkeiten. Nun gibt es aber vielleicht längst für diese Kleinigkeiten eine Lösung, sodass wiederum der Lösungsweg, der vor fünf Jahren noch keiner war, inzwischen durchaus seine Existenzberechtigung hat. Auf diese Weise bleibst Du als Ausbilder, bzw. Unternehmen flexibel, während auch Deine Azubis mehr Flexibilität in der Ausbildung lernen.
Azubis, die beim Lernprozess begleitet werden, sind motivierter und selbstständiger
Eigentlich bedarf es keiner zusätzlichen Erklärung, da es schon auf der Hand liegt: Was ist wohl motivierender? Schema F langwierig zu lernen, indem ein Ausbilder es immer und immer wieder vormacht, solange bis wir es entsprechend gut nachmachen können. Oder: Beim Prozess, das Problem ohne Vorgabe zu lösen, entsprechend vom Ausbilder begleitet werden, bis am Ende ein funktionierender Lösungsweg gemeinsam entwickelt wurde. Dass dieser funktionierende Lösungsweg übrigens genauso gut auch der seit Jahren im Unternehmen praktizierte Lösungsweg ist, ist übrigens ja keineswegs ausgeschlossen.
Moderne Lernprozessbegleitung ist aber nicht nur motivierend für Azubis. Sie regt auch dazu an, die Selbstständigkeit zu fördern. Vorausgesetzt natürlich, dass entsprechende Fehler als Chancen gesehen werden, um dazuzulernen.
Moderne Lernprozessbegleitung: Ist der moderne Ausbilder ein Lernprozessbegleiter?
Letztlich kommt es immer auch ein Stück weit auf die jeweilige Situation an. Ohne pauschalisieren zu wollen, ergibt es aber aus den gezeigten Gründen absolut Sinn, dass sich der moderne Ausbilder in allererster Linie als Lernprozessbegleiter definiert. Ausbilder, die ihre Azubis nur belehren, ihnen alles vormachen und erwarten, dass mit der Zeit alles flüssig nachgemacht werden kann, blockieren schließlich die Selbständigkeit und die Kreativität ihrer Azubis. Die jungen Menschen können keine eigenen Lösungswege entdecken, wenn sie gar nicht erst die Möglichkeit bekommen, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen, da sie nur mit bereits vorhandenen Lösungen konfrontiert werden.
Unabhängig davon, ob Du Dich als moderner Ausbilder nun als als Lernprozessbegleiter definierst oder nicht, solltest Du Aufgaben an Deine Azubis stets ohne vorgefertigte Lösungen übergeben, um zum selbstständigen Nachdenken anzuregen. Gelingt es Dir, Dich mit Erklärungen solange zurückzuhalten, bis die Azubis sich selbst ausprobieren konnten, und schaffst Du den Spagat, gleichermaßen beobachtend im Hintergrund zu verbleiben, wie auch kompetent für Rückfragen bereitzustehen, ist es letztlich nur eine Frage der Zeit, bis weitere, alternative Lösungen für bestehende Probleme gefunden werden. Und das ist quasi der Inbegriff von Innovation und Fortschritt.
Praktische Umsetzung von moderner Lernprozessbegleitung in der Ausbildung
Im vorliegenden Beitrag haben wir Dir gezeigt, was es mit moderner Lernprozessbegleitung auf sich hat. Wir haben aber nicht nur den Begriff erklärt und seine Relevanz für die betriebliche Ausbildung herausgearbeitet. Wir haben auch klargemacht, warum und bis zu welchem Grad ein jeder Ausbilder sich immer auch als Lernprozessbegleiter verstehen sollte. Ganz im Sinne von Lösungsorientierung statt Problemorientierung.
In den jeweiligen Abschnitten haben wir uns auch darum bemüht, Dir konkrete Handlungsweisen mit auf den Weg zu geben. Beispielsweise das Verbleiben im Hintergrund, damit die Azubis sich zunächst selbst ausprobieren können. Damit die praktische Umsetzung moderner Lernprozessbegleitung in der betrieblichen Ausbildung aber auch wirklich gelingt, haben wir abschließend noch ein paar weitere Impulse für Dich:
- Behalte stets im Hinterkopf, dass jeder Azubi individuelle Bedürfnisse und Fähigkeiten hat, und passe deshalb Deinen Führungsstil an Deine Lernprozessbegleitung an!
- Gib den Azubis regelmäßige Rückmeldungen, sodass das eigenverantwortliche Lösen eines Problems nicht aus dem Ruder läuft! Auf diese Weise kannst Du mögliche Hindernisse frühzeitig aus dem Weg räumen.
- Lass die Azubis Fragen stellen und aktiv am Lernprozess teilhaben!
- Verschließe Dich niemals vor der Integration neuer Technologien!
- Schaffe Reflexionsräume! Dass Azubis ihre Lernfortschritte gemeinsam mit Dir reflektieren, ist ein wichtiger Teil des Prozesses!
- Verabschiede Dich von dem Gedanken, dass es auf immer und ewig nur die eine einzige Lösung geben muss, sondern lasse die Möglichkeit, dass es auch andere Lösungen gibt, zu!
Du bist Ausbilder und suchst selbst immer mal wieder nach neuen Ideen, Wegen und Ansätzen, um noch mehr Potenziale in deinen Azubis zu entfalten? Dann hoffen wir, dass dir dieser Blogbeitrag gefallen hat. Auch wir befassen uns auf Ausbilderschein24 immer wieder mit den unterschiedlichsten Methoden, mit denen Ausbilder das Maximum aus ihren Azubis herauskitzeln können. Genau deshalb möchten wir Dich abschließend noch dazu einladen, regelmäßig auf unserer Website reinzuschauen, wo Du neben unserem Blog immer mal wieder auch exklusive Webinare vorfindest. Wir freuen uns auf Deine Besuche bei uns!
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