Wenn der Ausbilder kündigt, kann das schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen. Insbesondere dann, wenn es sich um den einzigen Ausbilder im Betrieb handelt.
Azubis müssen sich grundsätzlich trotzdem zunächst nicht sorgen. Zu den Pflichten als Ausbildungsbetrieb gehört es schließlich, die Anforderungen des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) umzusetzen. Weil ein Ausbildungsvertrag seine Wirksamkeit natürlich behält, muss das Unternehmen faktisch also einen neuen Ausbilder einstellen, um die zukünftige Durchführung der Ausbildung gewährleisten zu können.
Wenn der einzige Ausbilder kündigt, handelt es sich dennoch für alle Beteiligten um eine sehr schwierige Situation. Grund genug für mich, diese Konstellation in diesem Blogbeitrag eingehend zu durchleuchten.
Der Ausbilder kündigt: So kann es jetzt weitergehen
Wenn der Ausbilder kündigt oder der Ausbildungsbetrieb dem Ausbilder kündigt, kommt es immer dann zu Problemen, wenn es sich um den einzigen Ausbilder handelt. Gerade bei der Ausbildung im Kleinbetrieb gibt es zumeist nur einen einzigen Ausbilder, der für alle Azubis zuständig ist. Schließlich gibt es zur Frage, wie viele Azubis pro Ausbilder erlaubt sind, keine klare Regelung, sondern nur Empfehlungen.
Das Unternehmen würde mit Kündigung des einzigen Ausbilders grundsätzlich seinen Status als Ausbildungsbetrieb verlieren. Problematisch ist das aber immer dann, wenn zum Zeitpunkt des Abgangs noch Azubis im Betrieb tätig sind. In diesen Fällen ist das Unternehmen laut §14 BBiG dazu verpflichtet, sich um einen neuen Ausbilder zu bemühen. Hierfür gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten, wie es weitergehen kann.
- Das Unternehmen stellt einen neuen Ausbilder in Vollzeit ein.
- Der Betrieb beschäftigt einen externen Ausbilder auf Honorarbasis.
- Ein entsprechend qualifizierter Mitarbeiter erwirbt den Ausbilderschein und agiert fortan als neuer Ausbilder im Betrieb.
Während die ersten beiden Punkte in der Regel sehr unproblematisch sind, gibt es bei der dritten Option einige Dinge zu beachten. Schließlich spielt die Dauer zum Erwerb des Ausbilderscheins eine Rolle. Diese Zeit kann das Unternehmen auf zwei Weisen überbrücken, auf die ich im Folgenden kurz eingehen möchte.
Der Ausbilder kündigt und ein anderer Mitarbeiter erwirbt den Ausbilderschein
Die unproblematischste Lösung besteht gewiss darin, dass für die Zeit, in der ein entsprechend qualifizierter Mitarbeiter den Ausbilderschein erwirbt, ein externer Ausbilder auf Honorarbasis eingestellt wird. Gerade aber kleine Unternehmen können sich das unter Umständen nicht leisten. Eine mögliche Alternative besteht darin, mit anderen Betrieben entsprechende Kooperationen einzugehen.
Grundsätzlich ist es nämlich möglich, dass Sie einen Azubi an einen anderen Betrieb ausleihen. Auf diese Weise lässt sich gewährleisten, dass die Ausbildung gemäß nach Ausbildungsrahmenplan weitergeht. Allerdings muss der Betrieb, der einen Azubi verleiht, zwei wichtige Punkte beachten. Erstens: Die Höchstdauer einer Leihe, bzw. Überlassung, beträgt seit dem 1. April 2017 18 Monate. Und zweitens: Der Azubi kann vom Betrieb verlangen, dass ihm die Fahrtkosten zum Leihbetrieb erstattet werden.
Wichtig: Weil es in der Vergangenheit zu gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung kam, obliegt das Baugewerbe inzwischen einem generellen Verbot. Azubis aus dem Baunebengewerbe (bspw. Maler, Lackierer oder Schreiner) sind davon allerdings nicht betroffen.
Der Ausbilder kündigt – kann ein Azubi jetzt auch kündigen?
Der Ausbilder ist für junge Menschen in der Regel eine wichtige Bezugsperson im Unternehmen. Stimmt mit dem Nachfolger die Chemie nicht, kann das schnell auch im Azubi einen Wechselwunsch aufkeimen lassen.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang deshalb zu wissen, dass ein Azubi nach Ablauf der Probezeit in der Ausbildung gemäß §22 BBiG keinen triftigen Grund hat, das Ausbildungsverhältnis fristlos zu beenden.
Sollte es allerdings im Sinn des Unternehmens sein, die restlichen verbliebenen Azubis ziehen zu lassen, weil zukünftig nicht mehr angedacht ist, weiterhin auszubilden, gibt es natürlich eine einvernehmliche Lösung für beide Seiten. Die Rede ist hierbei vom Aufhebungsvertrag in der Ausbildung, dem ich mich im verlinkten Blogbeitrag ausführlich widme.
Die typischen Gründe, weshalb Ausbilder kündigen
Ein Unternehmen, das seinen einzigen Ausbilder verliert, hat schwierige Wochen und Monate vor sich. Dementsprechend sollte es im Interesse des Betriebs sein, dass entweder immer mehr als eine Person den Ausbilderschein hat und ausbilden darf, oder aber der Ausbilder ausreichend zufrieden ist.
Tatsächlich ist es so, dass Mitarbeiter mit dem Ausbilderschein mehr Gehalt fordern können – und das auch machen sollten. Schließlich ist der Ausbilderschein eine wertvolle Qualifikation, durch die die entsprechenden Mitarbeiter auch allgemein auf dem Arbeitsmarkt sehr begehrt sind. Verweigert der Betrieb dem Ausbilder über einen längeren Zeitraum hinweg die Gehaltserhöhung, ist das zumeist der Hauptgrund dafür, dass eines Tages die Kündigung eingeht.
Weitere typische Gründe liegen darin, dass der Ausbilder sich überfordert fühlt. Das Ausbilden der jungen Menschen ist eine sehr komplexe Angelegenheit, die viele Ressourcen abverlangt. Muss der Ausbilder sich parallel selbst noch um das Tagesgeschäft kümmern und steht kein zweiter Ausbilder zur Verfügung, kann das schnell an die Substanz gehen. Ein Betrieb sollte also immer auf entsprechende Entlastung wert legen. Schon alleine deshalb, weil vielleicht auch der Ausbilder gerne mal außerhalb der Berufsschul-Zeit der Azubis Urlaub nehmen möchte oder theoretisch krankheitsbedingt länger ausfallen könnte.
Fazit
In diesem Beitrag habe ich Ihnen gezeigt, was passiert, wenn der Ausbilder kündigt. Wichtig ist es in jedem Fall, dass zeitnah die zuständige IHK oder HWK mit ins Boot geholt wird. Ein entsprechender Ausbildungsberater kann bei der aktiven Lösungsfindung weiterhelfen. An die Ausbildungsberatung der IHK / HWK kann sich übrigens auch ein besorgter Azubi wenden, falls der Betrieb nicht direkt reagiert.
Abschließend interessieren mich Ihre Erfahrungen noch brennend. Gab es bei Ihnen im Unternehmen einen Ausbilder, der gekündigt hat? Wie ging es weiter? Verlief der Übergang nahtlos? Welche Lösungen wurden gefunden? Oder sind Sie vielleicht selbst Ausbilder und überlegen sich, zu kündigen? Sehr gerne würde ich mit Ihnen zu diesem Thema ins Gespräch kommen. Sehr leicht geht das in meiner Facebook-Community. Auf der Facebook-Seite von Ausbilderschein24 sind zahlreiche Ausbilder und Azubis, aber auch Geschäftsführer sowie Mitarbeiter aus dem Personalwesen angemeldet. Gerne können Sie auf der Timeline eine Diskussion eröffnen, bei der wir alle gemeinsam unsere Erfahrungen teilen können.
Der Ausbilder hat bereits gekündigt und Sie wurden als bislang einfacher Angestellter gefragt, ob Sie den Ausbilderschein machen würden? Dann möchte ich Sie abschließend gerne noch auf meinen Vorbereitungskurs hinweisen. Schon über 7.000 Menschen aus allen Branchen habe ich in den letzten zehn Jahren erfolgreich auf die Prüfungen vorbereitet. Ein Erfahrungsschatz, von dem ich Sie gerne profitieren lassen möchte. Mehr Informationen zu meinem Ausbilderkurs gibt es hier: Die Ausbilder-Vorbereitung von Ausbilderschein24.de