Der Azubi surft im Internet, anstatt seine Arbeit zu erledigen? Das ist, sofern er privat surft, ein beachtliches Problem.
Zwar gibt es verschiedene Urteile darüber, dass privates Surfen am Arbeitsplatz kein Kündigungsgrund ist. Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass es grundsätzlich gestattet wäre.
Doch wie genau können Sie dagegen vorgehen, wenn der Azubi den ganzen Tag nur im Internet surft? Oder noch viel wichtiger: Wie sollten Sie als Ausbilder damit umgehen?
Diesen Fragen habe ich mich in meinem heutigen Blogbeitrag ausführlich gewidmet.
Der Azubi surft im Internet – darf er das während der Arbeitszeit?
Die jungen Menschen aus der Generation Z sind mit dem Internet groß geworden. Für sie gehört eine gewisse Internet-Routine zum Alltag dazu. Das bedeutet, dass morgens zunächst mal der PC angeschaltet wird und bestimmte Seiten abgerufen werden. Hier mal eben die E-Mails gecheckt, dort auf Facebook ein paar Likes dagelassen. Dazwischen beim Online-Banking den Kontostand gecheckt und den Feed nach neuen, interessanten Inhalten überprüft.
Mitunter kann ein solcher „Internet-Rundgang“ binnen weniger Minuten abgeschlossen sein. Er kann sich aber schnell auch über merklich längere Zeiträume erstrecken. Dabei stellen sich viele Unternehmen die Frage, ob ein Azubi während der Arbeitszeit überhaupt privat im Internet surfen darf.
Die klare Antwort darauf lautet: Nein. Zumindest ist das so im allgemeinen Arbeitsrecht verankert – und zwar nicht nur für Azubis, sondern grundsätzlich für alle Mitarbeiter.
Der Azubi surft im Internet – darf ihm gekündigt werden?
Problematisch ist die Auslegung dieses eigentlich klaren Verbots auf Azubis aber dennoch. Denn: Wer seinen Azubi privat im Internet erwischt, der muss wegen des besonderen Kündigungsschutzes, den junge Menschen genießen, erst eine Reihe von Abmahnungen aussprechen. Und zwar schriftliche Abmahnungen.
Bereits in meinem Blogbeitrag über die Voraussetzungen, einem Azubi nach der Probezeit zu kündigen, habe ich Ihnen erklärt, dass jungen Menschen per Gesetz die Chance eingeräumt werden muss, Fehlverhalten abzustellen.
Normalerweise würde das also bedeuten, dass ein Azubi, der auch weiterhin privat im Internet surft, über kurz oder lang rausgeworfen werden kann. Die Realität sieht aber interessanterweise anders aus.
Denn: Ein Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 24. Oktober 2013 (Aktenzeichen 10 Sa 173/13) ging zu Gunsten des Azubis aus, der trotz mehrerer Abmahnungen die private Internetnutzung nicht einstellte. Stattdessen musste das Unternehmen beweisen, dass von seiner Internetnutzung eine echte Störungsgefahr für den Betrieb ausging.
Kommt es darauf an, wie genau der Azubi privat surft?
Wer aus dem eben angesprochenen Urteil des Landesarbeitsgerichts darauf schließt, dass beim Abrufen privater E-Mails, sofern diese keine Störungsgefahr für den Betrieb bedeuten, ein Auge zugedrückt wird, während andere private Internetnutzung unter Umständen sanktioniert wird, der täuscht sich.
Besagter Azubi aus dem eben angesprochenen Fall besuchte nämlich unter anderem Pornoseiten, was für das Unternehmen auch einer der Hauptgründe war, zur fristlosen Kündigung zu greifen. Die Richter entschieden dennoch darauf, dass dies kein ausreichendes Fehlverhalten sei.
Als Fehlverhalten für die vorzeitige Beendigung eines Ausbildungsverhältnisses gelten nur Verletzungen von vertraglichen Leistungspflichten. Und sofern der Azubi – egal, ob und wie lange er pro Tag das Internet privat nutzt – die Leistungen abliefert, die von ihm erwartet werden, bzw. erwartet werden können, ist die Internetnutzung kein Kündigungsgrund.
Wie ein Unternehmen mit privater Internetnutzung umgehen sollte
Fakt ist, dass Sie als Ausbilder oder Unternehmen eigentlich keine Chance haben, einen Azubi zu kündigen, der das Internet privat nutzt. Zwar mag es eine Art Extrembeispiel sein, aber sofern ein Azubi seine Leistungen bringt und sich auf gleichem Niveau wie die anderen Auszubildenden bewegt, könnte es schon schwer werden, ihn oder sie fristlos zu entlassen, wenn er / sie die andere Hälfte des Arbeitstages Serien auf Netflix schaut oder Filme streamt.
Natürlich kann das nicht im Sinne des Erfinders sein. Allerdings ist es nun einmal so, dass junge Menschen einen gesonderten Kündigungsschutz besitzen.
Dementsprechend sollte sich ein Unternehmen am besten so offen wie möglich mit dem Internet umgehen, solange es keine klaren gesetzlichen Vorgaben gibt. Wer mit Verboten, die praktisch unmöglich umsetzbar sind, um sich wirft, macht die private Internetnutzung schließlich erst so richtig interessant.
Unternehmen sollten sich um einen Mittelweg bemühen
Am besten positionieren sich womöglich all jene Unternehmen, die den Azubis klar machen, dass eine Lern- und Arbeitspflicht besteht. Schließlich geht es bei der Ausbildung auch um das Vermitteln von Werten. Wer in der Ausbildung nur Dienst nach Vorschrift macht, der wird es später gewiss auch tun. Vor solchen „faulen Eiern“ können Sie sich nur schützen, indem Sie bereits im Bewerbungsgespräch aufmerksam sind. Vielleicht helfen Ihnen hierbei die in diesem Blogbeitrag besprochenen 8 Anzeichen, an denen Sie den perfekten Azubi erkennen. Ebenfalls immer beliebter wird zudem das Assessment Center für Azubis, in dessen Rahmen ebenfalls eine bessere Vorauswahl getroffen werden kann.
Werden vom Ausbildungsbetrieb die entsprechenden Werte vorgelebt, dürfte sich das Problem, dass ein Azubi privat im Internet surft, fast von selbst lösen. Wer in den Azubis ein entsprechendes Verantwortungsgefühl der Firma gegenüber fördert, der sollte schließlich junge Mitarbeiter haben, die die Unternehmensziele erkennen und anerkennen. Bei denen die Ziele des Unternehmens zu den eigenen Zielen werden.
Sollte dann trotzdem ein unbelehrbarer aus der Reihe tanzen, so ist es oft auch das Kollektiv, das als eine Art Korrektiv fungiert. Surft nur ein Azubi den ganzen Tag privat und gefährdet damit die Gesamtziele, setzen ihn oft intern die anderen Azubis unter Druck. Bzw. setzen sich dafür ein, dass der andere Azubi das ungewünschte Verhalten abstellt.
Wenn der Azubi Viren oder Schafsoftware herunterlädt
Wer zweifelhafte Seiten besucht oder dubiose Links anklickt, der kann aus Naivität oder Arglosigkeit heraus gravierende Schäden anrichten. Gibt es dabei durchaus Phishing-Fälle, die über die berufliche E-Mail-Adresse geschehen, wodurch die Frage, wer die Konsequenzen trägt, durchaus geklärt werden muss, so verhält sich die Sachlage anders, wenn die Schäden durch private Internetnutzung entstanden sind.
Für die fristlose Kündigung kann, wenn ein Virus den Rechner oder gar das Firmennetzwerk lahmlegt, die Voraussetzung sehr schnell erfüllt sein. In diesem Fall ist aus der privaten Internetnutzung heraus schließlich wirklich eine erhebliche Störung (bzw. Gefährdung) der Betriebsabläufe entstanden.
Hinzu kommt, dass dies mitunter auch Schadensersatzforderungen nach sich ziehen könnte, was allerdings ein anderes Thema ist.
Das Fazit
In diesem Beitrag habe ich Ihnen gezeigt, was Sie tun können, wenn Ihr Azubi privat im Internet surft. Viele Unternehmen reagieren darauf mit Verboten, die, wie ich Ihnen gezeigt habe, allerdings praktisch gar nichts bringen. Im Gegenteil! Wer der Generation Z das Internet einschränkt, der sorgt dafür, dass die Motivation in den Keller geht.
Ehe Sie sich versehen, haben Sie einen Azubi, der aus purer Angefressenheit heraus nur noch Dienst nach Vorschrift betreibt und nach getaner Arbeit nur noch seine Zeit absitzt, die er dann eben im Internet verbringt. In diesem Zusammenhang ebenfalls interessant: Wie Sie als Ausbilder mit dem Smartphone am Arbeitsplatz umgehen sollten.
Last, but not least, geht es also auch darum, Kompromisse zu finden. Dabei macht ganz maßgeblich der Ton die Musik. Kurzum: Es kommt auf die Kommunikation in der Ausbildung zwischen Ausbilder und Azubis an.