Dem Azubi kündigen nach Probezeit, ist grundsätzlich möglich.
Allerdings bedarf es einiger besonderer Voraussetzungen. Schließlich ist Sinn und Zweck der Probezeit ja genau das. Herauszufinden, ob Azubi und Betrieb zueinanderpassen. Was in der Theorie (Bewerbungsschreiben und Vorstellungsgespräch) als „könnte klappen“ bewertet worden ist, soll nun auf die Probe gestellt werden. Daher ja auch der Begriff „Probe“zeit.
Nun ist das Kind aber in den Brunnen gefallen. Die Probezeit ist um. Ihr Azubi entpuppt sich im wahrsten Sinne des Wortes als „faules Ei“. Er vermeidet die Arbeit, wo es nur geht. Ist auffällig oft an Montagen und Freitagen krank, taucht dann aber wieder auf, ehe eine Krankmeldung nötig wird. Kurzum: er ist nicht mehr tragbar für den Betrieb.
Welches nun die Voraussetzungen dafür sind, dem Azubi zu kündigen, und wie Sie hierbei Schritt für Schritt vorgehen, erkläre ich Ihnen in meinem heutigen Blogbeitrag.
Azubi kündigen nach Probezeit: Nur mit triftigen Gründen
Gleich vorab: Junge Menschen im Allgemeinen und Azubis im Besonderen genießen besondere Rechte beim Kündigungsschutz.
Will heißen: eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber ist nach Beendigung der Probezeit ausgeschlossen.
Wer also einfach bloß merkt, dass die Chemie mit dem Azubi nicht mehr stimmt, dem sind die Hände gebunden, sofern die Probezeit vollständig durchlaufen ist. Dass ein Azubi (auffällig) oft krank ist, dürfte dem Arbeitgeber gewiss auch ein absoluter Dorn im Auge sein. Weil aber die ordentliche Kündigung nicht möglich ist, bleibt Ihnen nach § 22 des Berufsbildungsgesetztes (BBiG) nur noch die Möglichkeit der fristlosen Kündigung. Und hierfür bedarf es Gründe. Triftige Gründe.
Deswegen können Sie Ihrem Azubi auch nach der Probezeit noch fristlos kündigen
Damit ein Azubi fristlos, also ohne Kündigungsfrist und mit sofortiger Wirkung, gekündigt werden kann, muss ein erhebliches Fehlverhalten vorliegen. Dies kann beispielsweise darin bestehen, dass ein Azubi seine Pflichten in gehobenem Maß verletzt hat. Sei es, weil er (ohne Entschuldigung oder Attest) der Arbeit und/oder der Berufsschule ferngeblieben ist.
Oder weil er Arbeitsanweisungen oder Sicherheitsbestimmungen wissentlich missachtet hat. Oder weil er Betriebseigentum mutwillig beschädigt hat. Oder weil er gar geklaut hat.
Zu beachten sind hier allerdings gleich zwei Punkte:
- Die Berechtigung zur fristlosen Kündigung entfällt, wenn dem Ausbildungsbetrieb das Fehlverhalten bereits länger als zwei Wochen bekannt ist.
- Im allerersten Schritt sollte stets eine Abmahnung erfolgen.
Abmahnungen können dabei auch für geringfügigere Vergehen ausgeschrieben werden. Beispielsweise, wenn der Azubi entgegen der Firmenverordnung mehrfach mit dem Smartphone am Arbeitsplatz erwischt worden ist. Oder weil bei einer Kontrolle durch den Ausbilder aufgefallen ist, dass er das Berichtsheft nicht geführt hat. Als Ausbilder sollten Sie allerdings auch wissen, dass solche Abmahnungen nach bis zu zwei Jahren verjähren. Das heißt, dass es einerseits nicht erlaubt ist, diese im abschließenden Ausbildungszeugnis zu vermerken. Und andererseits kann eine verjährte Abmahnung bei geringeren Vergehen keine fristlose Kündigung rechtfertigen, wenn das Vergehen erneut begangen worden ist.
Last, but not least, sind fristlose Kündigungen unter gewissen Umständen auch dann möglich, wenn der Betrieb die Berechtigung verliert, ausbilden zu dürfen. Aber: eine wirtschaftliche Krise oder gar Insolvenz ist kein legitimer Grund, das Ausbildungsverhältnis nach der Probezeit noch zu beenden. Ausbildungsverträge behalten während eines Insolvenzverfahrens stets ihre Gültigkeit.
Dem Azubi kündigen nach Probezeit – so geht’s
Lag nun eine erhebliche Pflichtverletzung, bzw. ein starkes Fehlverhalten des Azubis vor, so muss der Ausbildungsbetrieb schnell tätig werden. Hierzu ist ein Zeitfenster von zwei Wochen offen, in dem entschieden werden muss, ob eine Kündigung anvisiert werden soll, oder nicht. Falls vorhanden, sollte hierbei immer der Betriebsrat, bzw. in großen Unternehmen die Auszubildendenvertretung (JAV) mit ins Boot geholt werden. Ggf. auch Vertreter der zuständigen IHK oder HWK.
Um dem Azubi nach Ablauf der Probezeit nun zu kündigen, sollte optimalerweise zunächst eine Abmahnung erfolgen. So wird ihm oder ihr ein gewisses Zeitfenster eingeräumt, das Fehlverhalten zu korrigieren und sich zu bessern. Selbstverständlich geht das nur, wenn das Vertrauen nicht nachhaltig beschädigt worden ist (bspw. durch Diebstahl von Firmeneigentum). In diesem Fall wäre die sofortige fristlose Kündigung unabdingbar.
Treten nach der Abmahnung keine Veränderungen ein, sondern gibt es – im Gegenteil – weiteres Fehlverhalten zu beklagen, hat die fristlose Kündigung sehr gute Chancen, auch im Fall einer Klage des Azubis Bestand zu haben. Grundsätzlich haben Sie aber auch die Option, mit dem Azubi völlig einvernehmlich die Ausbildung zu beenden.
Beispielsweise über einen Aufhebungsvertrag. Dieser ist keine Kündigung, sondern fixiert schriftlich, dass Azubi und Betrieb sich im Einvernehmen voneinander trennen. So kann der Azubi sein Gesicht wahren und anderswo sein Glück suchen. Natürlich setzt das auch die Bereitschaft des Betriebs voraus, ihm diese Möglichkeit zu bieten.
Wie Sie das Problem zukünftig von Anfang an im Keim ersticken
Zwar ist niemand vor Fehleinschätzungen und Enttäuschungen gefeilt. Dennoch lassen sich Probleme dieser Art theoretisch im Vorfeld im Keim ersticken. Hierzu möchte ich Sie am Ende des heutigen Blogbeitrags daher noch auf eine Reihe weiterer Beiträge auf meiner Seite verweisen. In diesen zeige ich Ihnen, worauf es ankommt, von Anfang an die richtigen Azubis für Ihr Unternehmen zu finden.
- 4 Punkte, um den richtigen Azubi zu finden.
- 8 Anzeichen, an denen Sie den perfekten Azubi erkennen.
- Azubis motivieren – auf diese 7 Aspekte kommt es an.
- 3 klassische Führungsstile in der Ausbildung, die jeder Ausbilder beherrschen sollte.
- 5 Tipps für einen optimalen Start der Ausbildung.
- Wichtige Informationen zur Probezeit und darüber, wie ernst diese zu nehmen ist.
Fazit
In meinem heutigen Blogbeitrag habe ich Ihnen gezeigt, wie Sie einem Azubi nach abgeschlossener Probezeit noch kündigen können. Wie Sie gelesen haben, geht das nur noch bei gravierenden Fehltritten und Pflichtverstößen. Um also bereits in der Probezeit ausschließen zu können, dass es darauf mal hinauslaufen könnte, sollten Sie diese so ernst wie möglich nehmen. Schließlich ist eine Beendigung des Ausbildungsverhältnisses hier noch mit erheblich geringeren Hürden verbunden. Lesen Sie daher hier, wie die Probezeit in der Ausbildung gestaltet werden sollte.
Wie verhält es sich in Ihrem Betrieb? War es schon einmal notwendig, einem Azubi nach der Probezeit zu kündigen? Hätten Sie sich manches Mal gewünscht, in der Probezeit genauer hingesehen zu haben? Oder hat Sie Ihr Bauchgefühl bei der Vorauswahl bislang vor Enttäuschungen bewahrt?
Schreiben Sie mir doch Ihre Eindrücke dazu und lassen Sie gerne auch meine Community teilhaben. Hierzu möchte ich Sie gerne dazu ermutigen, meine Facebook-Unternehmensseite aufzusuchen. Dort versammeln sich zahlreiche andere Ausbilder auf der einen Seite, bzw. etliche Azubis auf der anderen Seite. Für lebhafte Diskussionen dürfte also gesorgt sein.
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