Sanktionen gegen einen Azubi zu verhängen, klingt im ersten Moment sehr drastisch.
Schließlich implizieren Sanktionen eine gewisse Alternativlosigkeit. Wie wenn das Tischtuch schon zerschnitten ist und Sie nun zu härteren Mitteln greifen müssen.
Dabei ist dieses Thema durchaus ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite sind Azubis zumeist sehr junge Menschen, die gegenüber Autoritäten, zu denen auch der Ausbilder zählt, über kurz oder lang ihre Grenzen austesten müssen. Kommt es zu Grenzüberschreitungen, bleibt Ihnen bei bestimmten Arten von Fehlverhalten keine andere Wahl, als klar darauf zu reagieren. Auf der anderen Seite hingegen sind etwaige Strafen je nach Dimension nicht nur rechtlich grenzwertig. Auch schwingt die Frage mit, wie sinnvoll eine Sanktion letztlich ist.
Ein spannendes Thema also, das es wert ist, es in einem Blogbeitrag ausführlich zu durchleuchten. Wie Sie dabei auf unerwünschtes Verhalten angemessen reagieren und wann Sanktionen gegen Azubi/s wirklich alternativlos sind, möchte ich heute mit Ihnen besprechen.
Sanktionen gegen Azubi: Der erste Schritt ist immer die Abmahnung
Nicht umsonst gibt es in der Ausbildung eine mehrwöchige Probezeit. Dass Sie diese Probezeit ernst nehmen sollten, ist so wichtig, dass ich diesem Thema einen eigenständigen Beitrag widme. Schließlich ist es unfassbar schwer, einem Azubi nach der Probezeit kündigen zu können. Damit dies aber bei immer wieder auftretendem Fehlverhalten doch realisierbar ist, muss im allerersten Schritt immer eine Abmahnung erfolgen.
Viele Unternehmen schrecken davor zurück, Abmahnungen zu schreiben, weil sie befürchten, dass sich dies negativ auf die Motivation der jungen Menschen auswirken könnte. Natürlich kann das passieren. Auf der anderen Seite vergeben Sie mit einer zurückgehaltenen Abmahnung auch die Chance, dass sich die Situation nachhaltig verbessert. Reagiert der Azubi angemessen auf die Abmahnung, ist diese schließlich eine Chance für ihn, das unerwünschte Verhalten einzustellen. Und stellt sich keine Veränderung ein, können Sie beim nächsten Vergehen möglicherweise zur fristlosen Kündigung greifen.
Beachten Sie allerdings, dass eine Abmahnung stichfest sein muss. Ein Azubi kann nämlich gegen eine Abmahnung vorgehen, wenn diese überzogen oder sogar völlig unbegründet ist. Auszubildende unter 18 Jahren sind durch das Jugendarbeitsschutzgesetz zusätzlich vor Kündigungen geschützt.
Sanktionen gegen Azubi: Berechtigte Gründe für eine Abmahnung
Die Liste der Gründe, weswegen Sanktionen gegen einen Azubi verhängt werden könnten, ist lang. Im Folgenden habe ich für Sie eine Liste mit typischen Arten von Fehlverhalten zusammengestellt, die in eine Abmahnung münden können. Natürlich erhebt diese Zusammenstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
- Unpünktlichkeit bei Arbeitsbeginn oder nach den Pausen
- Respektloses oder freches Auftreten gegenüber anderen Azubis, Mitarbeitern oder Vorgesetzten
- Schwänzen der Berufsschule
- Unentschuldigtes Fernbleiben im Betrieb
- Mobbing gegenüber Kollegen*innen
- Nicht ordnungsgemäße Pflege des Berichtshefts
- Missachtung von Arbeitsanweisungen
- Übermäßige Nutzung vom Smartphone am Arbeitsplatz
Natürlich gibt es auch eine Reihe von noch schlimmeren Vergehen. Wird der Azubi aber beispielsweise handgreiflich gegenüber anderen Mitarbeitern oder beschädigt etwas mutwillig oder macht sich sogar des Diebstahls an Firmeneigentum schuldig, fallen die Sanktionen gegen den Azubi normalerweise deutlich schwerwiegender aus.
Neben einer fristlosen Kündigung kann in solchen Extremfällen schließlich auch Schadensersatz gegen Azubis geltend gemacht werden. Das ist allerdings Thema eines anderen Beitrags.
Die Alternative zu Sanktionen: Der motivierende Ansatz
Kommt ein Azubi immer wieder bis zu fünf Minuten unpünktlich, kommt es stark darauf an, wie Sie reagieren. Wegen ein paar Minuten möchte kaum jemand gerne ein Fass aufmachen und für schlechte Stimmung sorgen. Zumal die meisten Azubis auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, bei denen es nun einmal gerade in der morgendlichen „Rush Hour“ immer mal wieder zu Verspätungen kommt.
Tendieren Ausbilder allerdings dazu, völlig über die regelmäßigen fünf Minuten hinwegzusehen, färbt sich das schnell auf die Einstellung und Moral anderer Azubis ab. Wer immer diszipliniert zum Arbeitsbeginn am Platz sitzt und dafür eine Bahn oder einen Bus früher nimmt, sieht in der Regel nicht gerne mit an, wie bei Kollegen*innen, die das nicht auf sich nehmen, weggesehen wird.
Anstatt nun aber den Azubi, der regelmäßig zu spät kommt, zu sanktionieren, kann der Ansatz auch umgekehrt ausfallen: Wer morgens pünktlich kommt, erhält eine entsprechende Belohnung. Denkbar ist auch ein komplettes Belohnungssystem, das sich aus mehreren Bausteinen zusammensetzt. Wer beispielsweise in der gesamten Woche nicht zu spät kam, könnte einen Punkt bekommen. Weitere Punkte könnte es für die ordnungsgemäße Führung des Berichtshefts geben. Wiederum mehr Punkte für die Erfüllung der übertragenen Aufgaben. Und so weiter und so fort.
Am Ende eines jeden Monats könnte beispielsweise der Azubi mit den meisten Punkten einen kleinen Preis erhalten. Dabei kann bereits minimalster Einsatz wie ein Kino-Paket mit Eintrittskarte, Getränk und Popcorn für um die 20 bis 30 Euro wahre Motivationswunder bewirken. Ohnehin empfiehlt es sich aber, die Dinge genau zu kennen, die Azubis motivieren.
Vor Sanktionen gegen Azubi: Im Moment immer sofort und korrekt reagieren
Vielleicht kommt es mal vor, dass der Azubi sich respektlos oder sogar unverschämt gegenüber Kollegen oder Vorgesetzten äußert. Wichtig ist, dass Sie vor etwaigen Sanktionen immer im Moment reagieren – und zwar angemessen.
Den Azubi anzubrüllen, ist nie gut. Auf diese Weise erreichen Sie im besten Fall überhaupt gar nichts und im schlechtesten Fall verlieren Sie wiederum den Respekt der anderen Azubis, während der freche Azubi zufrieden lernt, dass er Sie mit gewissen Kommentaren auf die Palme bringen kann. Der beste Weg in einen Teufelskreis.
Stattdessen sollten Sie direkt in der Situation klar signalisieren, dass eine Grenze übertreten wurde. So salopp wie es vielleicht klingt, aber ein einfaches „Stopp!“ reicht da schon aus. Oder Sie verbitten sich mit „Nicht in diesem Ton!“ eine gewisse Art einer Bemerkung.
Wichtig ist, dass Sie sich anschließend nicht in eine Diskussion verwickeln lassen, sondern darauf beharren, dass dem Azubi die Bemerkung nicht zusteht. Viel wichtiger ist es, das Gespräch bei abgekühltem Gemüt und optimalerweise im Beisein weiterer Ausbilder oder dem Personalrat oder Mitarbeiter aus dem Personalmanagement weiterzuführen.
Sanktionen gegen Azubis: Das sind die No-Gos
In der Natur des Menschen ist es nach wie vor fest verankert, dass bestimmtes Handeln Konsequenzen nach sich ziehen muss. Natürlich ist es so, dass wir uns allesamt an gesellschaftliche Konventionen halten müssen, damit ein gesundes Miteinander möglich ist. Wer sich an diese Konventionen konsequent nicht hält, der muss letztlich auch die Folgen davon erfahren.
Wichtig ist aber, dass solche Folgen klar im Arbeitsrecht definiert sind. Salopp gesagt: Wer in die Kasse greift und dabei erwischt wird, der hat wenig Chancen, sich gegen eine fristlose Kündigung zu wehren.
Wer hingegen eigenständig Sanktionen gegen Azubis austeilt, weil diese eine bestimmte Erwartungshaltung nicht erfüllt haben, der handelt praktisch nie rechtmäßig. Beispielsweise ist im Ausbildungsrahmenplan klar definiert, was die Ausbildungsinhalte und daraus resultierenden Aufgaben eines Azubis zu welchem Zeitpunkt der Ausbildung. Wer also meint, seinen Azubi ständig den Kaffee kochen oder Dinge für die Firmenküche einkaufen schicken zu müssen, nur weil dieser sich bei bestimmten Aufgaben nach Auffassung der Ausbilder nicht gut genug angestellt hat, der sanktioniert damit etwas, was er so nicht sanktionieren darf.
Wenn sich ein Azubi weigert, bestimmte Aufgaben auszuführen, ist das in erster Linie eine Missachtung einer Weisung. Damit also ein Grund für eine mögliche Sanktion in Form einer schriftlichen Abmahnung. Aber: Weigert sich der Azubi, weil es Aufgaben sind, die nichts mit seiner Ausbildung zu tun haben, ist das nun einmal sein gutes Recht.
No-Gos in puncto Sanktionen sind also:
- Den Azubi zu bestrafen, indem Sie ihm niedere Aufgaben auferlegen
- Dinge vom Azubi verlangen, die nichts mit der Ausbildung zu tun haben
- Den Azubi anschreien, mobben oder bewusst der Lächerlichkeit preisgeben
- Das Vertrauen des Azubis missbrauchen
- Selbst handgreiflich werden
- Eine ungerechtfertigte Abmahnung schreiben
- Dem Azubi im Nachhinein im schlechten Arbeitszeugnis eins auszuwischen
Sanktionen gegen Azubi – das Fazit
In meinem heutigen Blogbeitrag habe ich mich mit dem Thema Sanktionen gegen Azubis auseinandergesetzt. Dabei bin ich darauf eingegangen, was die typischen Gründe sind, weswegen ein Azubi eine Abmahnung erhalten könnte. Ich habe außerdem als Alternative den motivierenden Ansatz aufgezeigt, der möglicherweise frische Impulse in bereits festgefahrene Situationen bringen könnte. Am Schluss habe ich Ihnen dann noch Sanktionen benannt, die als absolute No-Gos gelten und die Ihnen als Person aber auch als Betrieb mächtige Probleme einbringen könnten.
Nun interessiert mich Ihre Meinung noch brennend! Sind Sie Ausbilder und haben Sie schon mal Sanktionen gegen einen Azubi ausgesprochen, die über eine schriftliche Abmahnung hinausgingen? Wenn ja, welche waren es? Wie war die Reaktion? Wie der Effekt? Und würden Sie es heute wieder so machen? Auch die Azubi-Sicht interessiert mich aber! Wird in Ihrem Ausbildungsbetrieb gewisses Verhalten sanktioniert? Wie denken Sie darüber?
Gerne würde ich mit Ihnen darüber ins Gespräch kommen! Eine gute Gelegenheit dazu haben wir in meiner Facebook-Community, wo Sie mit vielen weiteren Ausbildern und Azubis diskutieren können. Ich freue mich, wenn Sie Teil der Community von Ausbilderschein24 werden und bedanke mich fürs Lesen!